betr-offen / 2021
Künstlerinnen und Künstler in der Pandemie

Künstlerinnen und Künstler aus der Region Basel berichten über ihre Situation in der Corona-Pandemie. Ein Fotoprojekt; entstanden, organisiert, fotografiert und umgesetzt im Februar 2021.

Nadiya Husar Barbato // freiberufliche Bratschistin und Violinistin

 Neben ihrer Tätigkeit als Orchestermusikerin erteilt Nadiya Husar Barbato  privaten Bratschen- und Geigenunterricht. Sie könne im Moment kaum arbeiten und sei bereit, temporär andere Jobs auszuüben, erklärt sie. Doch versuchten dies neben ihr viele andere auch und die Stellensuche erweise sich als entsprechend schwierig. Nach einer Lockerung der Corona-Massnahmen könne sie nicht gleich Einnahmen generieren, da Musikkonzerte eine verlässliche Planung und Vorbereitung mit Proben benötigen. Sie sagt, im Moment könne man aber nicht planen.
Frustrierend sei für sie der Umstand, dass sie trotz zweier Hochschuldiplome in Bratsche und Geige und langer Investition in ihre Ausbildung nun nicht arbeiten könne.  

https://www.davinciorchestra.ch

 

Dalit Bloch // Regisseurin, Theaterpädagogin, Coach

 Dalit Bloch gründete und leitet das Theaterprojekt «Theater Power Flower» mit Menschen über 60. Die Proben gerieten in den Strudel der zweiten Welle und mussten auf Eis gelegt werden. Auch ihr zweites Standbein, «Raum  Gelber Wolf - Werkstatt für Theater und mehr», musste vorläufig geschlossen werden. Die Vermieterin gewähre ihr für diesen Raum zum Glück einen Mieterlass, erzählt sie.
Im Vergleich zum ersten Lockdown empfinde sie den zweiten als schwieriger. Sie beschreibt ihren Zustand als «vollpensioniert». Selbstdisziplin sei nötig, um nicht in ein Loch zu fallen. Ihre Projekte benötigten naturgemäss eine Planung und Vorlaufzeit mit Proben. Einnahmen könnten nicht sofort erzielt werden. Dennoch besitze sie Vertrauen, dass die Normalität irgendwann wieder einkehren werde. Bis dahin sei es wichtig, mit Schwung durch die Tage zu gehen.           

https://www.dalitbloch.ch/
https://www.raumgelberwolf.ch/
https://www.theaterpowerflower.ch/

 

Simona Deflorin // Kunstmalerin

Dank ihrer 50%-Anstellung im Museum präsentiere sich die finanzielle Situation während der Pandemie für sie einigermassen stabil, berichtet Simona Deflorin. Da aber Ausstellungen abgesagt oder verschoben würden, entgehe ihr seit der Pandemie die Möglichkeit, ihre Bilder zu zeigen und zu verkaufen. Der Aufwand für die wenigen Ausstellungen, welche im Jahr 2020 durchgeführt werden konnten, lohne sich infolge der Besucherbeschränkungen nicht.  Sie sagt, die Menschen hätten aktuell andere Sorgen als Bilder zu kaufen.
In der Krisenzeit beschäftigt sie sich mit Themen der Fragilität und des Schutzes. Gläser und Schichten sind ihr momentan besonders wichtig. Die Pandemie könne auch eine Chance sein, sie gebe nicht auf und behalte ihren Mut, sagt sie.            

 https://www.simonadeflorin.ch/

 

Giovanni Barbato // Künstlerischer Leiter Da Vinci Orchester Basel

 Giovanni Barbato lebt normalerweise von den Einnahmen seines Orchesters, welches er im Jahr 2012 gegründet hatte. Seit der Pandemie würden keine Konzerte mehr gebucht und sein Orchester könne keine Projekte mehr durchführen, beschreibt er seine Situation. Er erziele im Vergleich zu früher 90% weniger Einnahmen und lebe mit seiner Familie von staatlichen Entschädigungen.
Er sei bereit, temporär alternative Jobs zu übernehmen, doch erlebe er die Hürden dafür als hoch, weil ihm die entsprechende Erfahrung fehle. Er erzählt weiter, er würde die Einführung eines Grundeinkommens für Pandemiebetroffene wie ihn und seine Familie begrüssen. Am meisten aber wünsche er sich, wieder Geige spielen zu können. 

https://www.davinciorchestra.ch/

 

Nicolas Joray // Kameramann und Fotograf

 Nicolas Joray erkrankte im März 2020 mit 68 Jahren an Covid. Er hatte Glück und konnte die Krankheit zuhause in Isolation auskurieren. Seine damals laufenden Filmprojekte mussten aufgrund des Social Distancing und anderen Beschränkungsmassnahmen abgesagt werden. Über sein zweites Standbein, die Fotografie, gelangte er an Aufträge, mit welchen er sein Einkommen sichern konnte. Er meint, da er die Krankheit am eigenen Leib erfahren habe, hätten sich für ihn danach die materiellen Schwierigkeiten relativiert.  
Der Pandemie kann er auch Positives abgewinnen: Für sein Fotoprojekt über die Landschaften der Leventina konnte er die Ruhe und Zeit im Lockdown sehr gut nutzen. Man müsse versuchen, solchen Umständen auch etwas Gutes abzuringen, sagt er. Ein gewisses Unbehagen bleibe aber, nämlich dass die sozialen Strukturen der Gesellschaft und der Föderalismus beschädigt aus der Krise hervorgehen. Wie Charlie Chaplin den Schirm dreht er den Stuhl und sagt: „Man darf den Optimismus nicht verlieren, auch wenn der Stuhl wackelt.“              

 www.nicolasjoray.com

 

Kazumi Suzuki Krapf // freiberufliche Violinistin

 Kazumi Suzuki Krapf arbeitet für verschiedene kleinere und grössere Orchester. Seit der Pandemie gibt es für sie nur noch vereinzelte Einsätze. Sie sagt, Konzerte basierten stets auf der Mitwirkung zahlreicher Menschen. Die Pandemie verunmögliche die Organisation und langfristige Planung von Konzerten und Musikprojekten. Livestreams und Konzerte im Kleinstformat könnten keine Konzerte ersetzen, denn die Musik lebe vom Publikum, erklärt sie. Die Lockdowns wirkten auf sie daher wie ein Berufsverbot.
Auch psychisch sei die Situation für sie wie für viele Musiker und Musikerinnen schwierig. Sie wünscht sich nichts mehr, als sich auf den Weg in den Konzertsaal zu machen und wieder vor Publikum spielen zu können.         

 https://kazumisuzuki-krapf.amebaownd.com/

 

Yumi Ito // Jazzsängerin und Komponistin

 Seit der Pandemie konnte Yumi Ito den Ausfall von Konzerten dank verschiedenen Beiträgen, Stellvertretungen und Onlineunterricht überbrücken. Aber es falle ihr vor allem in den Lockdowns schwer, die Tage zu strukturieren, erzählt sie. Die Aufträge seien weggefallen ebenso wie Konzert- und Albumrelease-Touren in der Schweiz und im Ausland. Der Kontakt zum Publikum fehle. Da Singen ohne Publikum nicht funktioniere, besinge sie zuhause ihre Pflanzen. Dank diesen Pflanzen, regelmässigem Yoga und Wanderungen könne sie die Tage inzwischen besser strukturieren, sagt sie.
Im ersten Lockdown konnte sie ihren Partner, der gerade in Spanien weilte, über vier Monate nicht treffen. Mit den Mitbewohnern ihrer Wohngemeinschaft erlebt sie viel Solidarität. Die WG sei wie eine Familie, meint sie. Man müsse darauf achten, den Kontakt zur Aussenwelt nicht zu verlieren. Yumi Ito wünscht sich, dass bald ein frischer Wind weht und sie wieder Konzerte geben kann. Sie sagt, diese seien auch immer ein inspirierender Treffpunkt und ein wichtiger Ort des Networkings.       

https://www.yumiito.ch/

 

Ziska Bachwas // Illustratorin 

Ziska Bachwas gehört zu den Glücklichen, welche sich als von der Pandemie nicht betroffen bezeichnen. Sie erzählt, sie habe während des ersten Lockdowns Zeit und Ruhe gefunden, sich grösseren Aufträgen zu widmen. So zeichnete sie beispielsweise für ein kantonales Departement ein Wimmelbild, eine Art von Zeichung, für welche sie bekannt ist. Und plötzlich gab es mehr Aufträge. Im folgenden Herbst wurde ihr zusätzlich der Kulturförderpreis des Kantons Basel-Stadt überreicht für Arbeiten aus den Jahren 2018 und 2019. Sie bezeichnet sich darum als sehr privilegiert.
Ziska Bachwas wünscht sich wieder mehr Solidarität unter den Menschen. Sie meint, das Füreinander in den Anfängen der Pandemie sei zunehmend abhanden gekommen. Dies sei auch der Grund, weshalb sie sich als Nichtbetroffene an diesem Fotoprojekt beteiligt: aus Solidarität und Verbundenheit gegenüber Künstlerinnen und Künstlern, welchen es momentan nicht so gut geht wie ihr.  

  https://ziskabachwas.net/

 

Pink Pedrazzi // Musiker

 Obwohl die meisten seiner Gigs ab November 2020 abgesagt wurden, fühlt sich Pink Pedrazzi in seiner Situation privilegiert. Er sagt, dank seiner AHV ginge es ihm nicht so schlecht wie anderen Musikerinnen und Musikern. Bei ihm liege die Schwierigkeit eher darin, kreativ zu bleiben. Denn die Tage im Lockdown seien gleichförmig und langweilig. Seine Leidenschaft sei die Livemusik. Wenn er nicht auftreten könne, blieben bei ihm die Ideen aus und er erreiche nicht die gleiche Qualität der Songs wie in normalen Zeiten, erzählt er.
Er empfinde die Information des Bundes und des Kantons bezüglich der Impfungen nicht ideal und er könne sich nicht genügend über den Stand oder Verzögerungen der Impfungen informieren. Er sagt: „Wir müssen jetzt noch vorsichtig sein bis ausreichend Menschen geimpft sind.“  Er selber sieht momentan den Silberstreifen am Horizont.

 https://www.pinkpedrazzi.ch/

 
 

© Katja Schmidlin 2024